19. Tag – 18. Etappe (Sahagūn – El Burgo Ranero)

Wieder nur 4 Grad Celsius. Wir haben uns kurzer Hand entschieden im Hostel zu frühstücken und erst gegen 8:00 Uhr zu starten, dann, wenn die Sonne schon ein wenig Kraft hat.

Eine gute Entscheidung wie sich herausstellt. Bis auf einige ganz wenige (4) Pilger sind alle anderen schon weg. Das bedeutet ein sehr ruhiges Frühstück und einen recht einsamen Camino.

Tatsächlich beginnt man irgendwann auf „seinem Camino“ über verschiedene Dinge nachzudenken – heute z. B. darüber, welche Dinge man beim nächsten Mal zu Hause lässt und welche Dinge man gerne dabei hätte oder ob die erste Etappe über die Pyrenäen tatsächlich so schlimm war. Also, sicher benötigt man kein Haarspray und schön wären Trekkingsandalen statt Flipflops. Die Antwort auf die Pyrenäenfrage ist definitiv noch immer: JA! 😫

Trotz längerer Pause erreichen wir schon vor 13:00 Uhr unser heutiges Etappenziel. Ehrlicherweise haben wir ein richtig schlechtes Gewissen, nur gute 19 Kilometer gelaufen zu sein. Die Etappen in dieser Woche sind überwiegend flach und wir sind zwischenzeitlich tatsächlich konditiontechnisch so gut drauf, dass uns eine derartige flache Wegstrecke – ohne besondere Vorkommnisse – nichts mehr ausmacht. Nun, die Etappen werden auf den letzten 100 Kilometern noch mal knackig, also gilt es jetzt Kräfte zu sammeln und Füße zu pflegen…

Fazit des Tages: Ein schlechtes Gewissen muss man nicht haben.

18. Tag – 17. Etappe (Terradilios de los Templarios – Sahagūn)

Gemütlich machen wir uns heute Morgen um 8:00 Uhr zu unserer 14 Kilometer Etappe nach Sahagūn auf. Die Unterkunft für den Abend ist gebucht und so können wir bereits beim Aufstehen unseren geplanten „Ruhetag“ beginnen.

Noch schnell ein Foto mit unseren Pilgerfreunden aus Irland machen, um wenigstens die Gesichter in Erinnerung zu behalten. Namen sind schwierig, so erinnern wir uns bereits nach ein paar Kilometern auch nicht mehr an den Namen des Ortes, in welchem wir die vergangene Nacht verbracht haben. Der Reiseführer muss tatsächlich immer griffbereit sein.

Ganz entspannt laufen wir also von Dorf zu Dorf, machen immer wieder Pausen und genießen den Weg. Es tut wirklich gut, einmal nicht so viele Kilometer zu laufen.

Am späten Nachmittag kommt dann bei der Etappenplanung für die Folgetage doch ein wenig Panik auf. Keine Herberge, kein Hostel und kein Hotel im Umkreis von 60 Kilometern zu bekommen. Weder über die gängigen Internetportale noch per Telefon lässt sich etwas reservieren. Es ist ein furchtbares Gefühl, wenn man auf der einen Seite weiß, dass man am nächsten Morgen sein Zimmer verlassen muss, läuft, läuft und wirklich bis zur maximalen Schmerzgrenze von 30 Kilometern läuft aber eventuell selbst in der öffentlichen Herberge kein Zimmer bekommt. Aber mit viel Ruhe und Ausdauer haben wir am Ende doch noch zwei Betten vorreservieren können.

Im Mai und September ist es wohl unglaublich schwierig auf diesem Teilstück des Camino Unterkünfte zu bekommen, erklärt uns die freundliche Dame am Empfang in unserer heutigen Unterkunft. Gerade am Wochenende sei wohl immer alles ausgebucht. Was die Leute hier wohl machen? Es gibt hier wirklich NICHTS zu sehen, auch nicht im Umkreis von 60 Kilometern bis zur nächsten größeren Stadt Léon. Wahrscheinlich sind in dieser Zeit Unmengen an Luxuspilgern unterwegs, die abends die Betten blockieren. Ist aber nur reine Spekulation, denn gesehen werden sie auf diesen Teilstücken des Caminos nicht – viel zu schwierig zu laufen, die Orte liegen oftmals 10 Kilometer auseinander, die Sonne brennt und der Versorgungswagen kann nicht direkt am Wegesrand halten, da keine Möglichkeit besteht, den Weg mit dem Fahrzeug zu befahren. Am Abend sitzen sie dann frisch geduscht im Speisesaal der Herberge.

Fazit des Tages: Alle 5e mal gerade sein zu lassen ist einfach herrlich.

 

 

17. Tag – 16. Etappe (Carrión de Los Condes – Terradillos de Templarios)

6 Grad Celsius, zu Hause würden wir wahrscheinlich unsere Winterjacke aus dem Schrank holen. Hier in Carrión ziehen wir an was wir haben, stülpen uns Socken über die Hände und machen uns um 6:00 Uhr auf Richtung Terradillos de Templarios, unserem heutigen Etappenziel. Ehrlich – Handschuhe werden völlig überbewertet …. 😀

Unser Frühstück liegt 17 Kilometer entfernt im Irgendwo, denn in Carrión gibt es erst ab 8:00 Uhr Frühstück – viel zu spät für Pilger, denn nur der frühe Pilger bekommt am Ende noch ein Bett.

Landschaftlich gesehen ist es ebenfalls viel besser bereits im Dunkeln zu starten. So sieht man wenigstens in den ersten zwei Stunden nichts von der kargen, sich nie verändernden Landschaft.

Wir erinnern uns beim Laufen an die Worte unseres Herbergsvaters in Los Arcos, der meinte, dass man in der zweiten Woche anfängt, mit sich ins Reine zu kommen. Entweder wir haben nichts „aufzuräumen“ oder uns fehlt einfach die nötige spirituelle Grundeinstellung. Unsere Gedanken drehen sich nach wie vor um schmerzende Füße, Arzneimittel und aufkommendes Hungergefühl. Nun, vielleicht ändert sich das in Woche 3. und wir als „Camino-Anfänger“ brauchen einfach ein bisschen länger.

Wer übrigens eine Weltreise plant, dem können wir den Camino nur wärmstens ans Herz legen. Menschen aus der ganzen Welt sind auf dem Weg nach Santiago bzw. dem historischen Ende der Welt. Gestartet sind wir übrigens alle mit dem Vorhaben, von Santiago nach Finesterre zu gehen. Nach der ersten Wochen hofften wir alle, von Santiago nach Finesterre zu gehen und nunmehr am Ende der zweiten Wochen träumen wir alle davon, von Santiago nach Finisterre zu gehen und wünschen uns jeden Morgen aufs Neue, wenigstens Santiago zu erreichen. Der Camino lässt einen realistischer werden, zudem mussten ja bereits einige unserer Pilgerfreunde aufgeben.

Morgen gönnen wir uns eine längere Ruhepause. Es liegen lediglich 14 Kilometer Wegstrecke vor uns, die wir bis zum späten Vormittag gut bewältigt bekommen. Dann chillen wir den Rest des Tages in Sahagūn und wenn wir Lust haben, machen wir einen kleinen Stadtbummel 😉.

(Hier senden wir gemeinsam mit Walter aus Belgien, der diesen Weg für seinen verstorbenen Vater läuft, der wiederum diesen Weg gern gegangen wäre, Genesungswünsche ins Krankenhaus nach München zu unserem Pilgerfreund Wolfgang, der leider aufgeben musste)

Fazit des Tages: Großen Respekt an alle, die sich aufmachen „ihren Camino“ zu laufen – egal wie weit sie kommen.

16. Tag – 15. Etappe (Boadilla del Camino – Carrión de los Condes)

Nach einer furchtbaren Nacht mit 7 Personen in einem winzigen Zimmer ohne Frischluft machen wir uns unausgeschlafen auf den Weg nach Carrión de los Condes.

Nach unserem Frühstück im 5 Kilometer entfernten Frómista geht es dann fast 22 Kilometer entlang der laut Reiseführer stark befahrenen Landstraße. Stark befahrenen ist sicherlich relativ aber die 10 Fahrzeuge die wir sehen, rechtfertigen keinesfalls die Begrifflichkeit „stark befahren „…

So geht es also auch heute wieder durch Weizenfelder rechts und noch mehr Weizenfelder links.

Kleine Dörfer bieten hier und da eine kleine Abwechslung.

 

Während des Laufens nehmen wir heute wirklich alles Essbare aus den Rucksäcken, um uns ein wenig von der Eintönigkeit des Weges abzulenken.

Dann liegt Carrión de los Candes endlich vor uns und wir haben noch ausreichend Zeit, zu entspannen.

Fazit des Tages: Morgen geht es einfach weiter.

14. Tag – 13. Etappe (Burgos – Hontanas)

Heute ist der bisher emotionalste Tag unserer Reise.

Am Morgen fehlt es uns erstmals an Motivation überhaupt loszugehen. Irgendwie ist uns der Abschied von einigen unserer Pilgerfreunde schon schwer gefallen.

Außerdem liegt die bisher längste Etappe von gut 33 km vor uns.

Auf dem Weg zu unserem heutigen Etappenziel Hontanas kommen wir dann durch Rabé. In einer kleinen Kapelle am Ortsausgang bekommen wir von den dortigen Ordensschwestern ein kleines Amulette überreicht mit den herzlichsten Wünschen für unseren weiteren Weg.

Hätten sie uns gesagt, welch karger Weg uns erwartet,  wir wären möglicherweise umgekehrt.

Stunden- und kilometerlang nur Landschaft, Landschaft, Landschaft – sehr zermürbend.

Endlich in Hontanas angekommen eröffnet sich ein kleines Paradies. Ein wunderschönes kleines Dorf mit vielen wunderbaren Menschen. Unser Herbergsvater berichtet nach einem phantastischen Abendessen von seinem Camino und gibt uns den einen oder anderen Ratschlag mit auf den Weg. Heute hören wir zum ersten Mal den Satz, den wir nur mit einem Hochziehen der Augenbrauen kommentieren können: „Wer einmal einen Fuß auf den Camino gesetzt hat, der kommt immer wieder.“

Fazit des Tages: Der Camino verändert tatsächlich.

13. Tag – 12. Etappe (Agés – Burgos)

Heute geht es in die Hauptstadt Kastellaniens, nach Burgos.  Mit der Etappe am Vortag haben wir bereits 4 Kilometer vorgeholt und freuen uns auf eine Etappe mit nur rund 20 Kilometern.

Da die Nacht im 6er-Zimmer pünktlich um 22:00 Uhr begann, sind wir um 4:00 Uhr bereits ausgeschlafen und um 5:30 Uhr auf dem Camino – vor allen anderen …

Wir würden sicher auch vor allen anderen bleiben, wären wir nicht an einer Abzweigung falsch abgebogen. Im Dunkeln mit einer winzigen Kopflampe gelbe Pfeile auf einem Feldweg zu suchen – kein Spaß. Also laufen wir den Weg wieder zurück (im Übrigen eine Todsünde auf dem Camino und nur erlaubt, wenn es einen nicht zu widerlegenden Grund gibt) und schließen uns einem anderen Pilger an, der sich zum Glück an dieser Stelle besser auskennt.

Diese Etappe beinhaltet einen Aufstieg zum Matagrande auf 1082 Höhenmeter. Von hieraus hat man auch einen phantastischen Blick auf Burgos, was optisch zum Greifen nahe liegt – tatsächlich für uns aber noch schlappe 4 Stunden Fußmarsch bedeutet.

So sehr wir uns auch auf Burgos freuen, umso mühsamer ist der Weg bis zur Kathedrale. Vom Stadtrand bis zur Kathedrale sind es ca. 8 Kilometer entlang der Hauptstraße. Irgendwann ist auch diese Strecke geschafft und wir können den historischen Stadtkern von Burgos bewundern.

 

Erstaunlich ist auch, dass wir in Burgos gefühlt mehr Leute treffen, als wir es zu Hause bei einem Spaziergang in die Stadt tun.

Im Laufe des Nachmittags stellt sich dann heraus, dass sich in Burgos unsere Pilgerfreundegruppe auflösen wird. Für einige ist die Reise geplant zu Ende, andere wollen sich einen zusätzlichen Tag Pause gönnen und wiederum andere müssen aufgrund gesundheitlicher Probleme die Reise abbrechen. Wir bedauern wirklich sehr, dass wir nicht alle gemeinsam den Weg nach Santiago gehen aber jeder wird seinen Weg dorthin finden.

Fazit des Tages: Der Mensch ist ein Gewohnheitstier.

12. Tag – 11. Etappe (Belorado – Agés)

Unsere heutige Etappe starten wir bereits um 6:00 Uhr denn unser Etappenziel liegt im 28 km entfernten Agés.

Das Laufen geht erstmals erstaunlich leicht vom Fuße und bereits drei Stunden später erreichen wir das malerisch am Hang gelegene Städtchen Villafranca.

Nach einer ausgiebigen Pause geht es weiter bis San Juan de Ortega. Für manche Pilger ein Fluch für Frau ein Segen, so geht diese Etappe doch überwiegend durch den Wald – irgendwie muss das viele Wasser heute dauernd wieder raus.

Am frühen Nachmittag erreichen wir dann unser heutiges Etappenziel Agés und sind dabei noch erstaunlich frisch.

Am Abend bekochen uns die Herbergseltern – das Essen ist phantastisch.

Fazit des Tages: Langsam geht es!

11. Tag – 10. Etappe (Santo Domingo de la Calzada – Belorado)

Unsere heutige Etappe führt uns nach Belorado. Hört sich irgendwie nach Wilder Westen an. Wir machen uns also schon früh auf den Camino – der „Wilde Westen“ liegt 23 km entfernt und haben als erstes wieder zwei Luxuspilger vor der Nase.

Die heutige Etappe verläuft dennoch sehr entspannt – auch drehen sich die Gesprächsthemen erstmals nicht in erster Linie um die diversen Gebrechen. Ob wir uns wohl ab heute in Phase 2 (… mit sich ins Reine kommen) befinden?

Selbst der auf freier Fläche einsetzende Regen kann heute unsere gute Laune und unsere Motivation nicht schmälern. Der musikalische Gruß eines lieben Staffelkameraden motiviert uns noch zusätzlich – danke Dirk 😀.

Landschaftlich verlassen wir bereits die Rioja Weinberge und laufen nun durch scheinbar unendliche Getreidefelder. Unendlich vor allem dann, wenn Frau mal ganz dringend muss.

Dennoch kommt auch heute 3 km vor dem Ziel der große Einbruch (Pippi, Hunger, Kalt … so sind die Mädchen halt und auch Mann jammert über das eine oder andere Wehwehchen).

Letztendlich erreichen wir aber auch heute wieder unser Etappenziel Belorado – sieht außerhalb wirklich ein wenig wie im „Wilden Westen“ aus, nur die Temperatur hätte 10 Grad mehr haben können.

Fazit des Tages: Es gibt kein schlechtes Wetter – nur falsche Kleidung.

10. Tag – 9. Etappe (Nájera – Santo Domingo de la Calzada)

Hoch motiviert brechen wir heute zu unserer neuen, laut Reiseführer, leichten Etappe nach Santo Domingo de la Calzada auf. 20 km erscheinen uns neuerdings quasi als Katzensprung und wir überlegen immer öfter, wohin wir überall zu Fuß gehen werden, wenn wir wieder zu Hause sind.  Der Weg  ist tatsächlich nicht schwer zu begehen, jedoch macht uns die unglaubliche Weite heute mächtig zu schaffen.

Die einzige Abwechslung ist ein Schäfer, der gemeinsam mit seinen beide Hunden, eine Schafherde über die Felder treibt. Wir hätten uns nie vorstellen können, einmal dankbar für eine solche Abwechslung zu sein.

Fazit des Tages: Langeweile ist doch sehr ermüdend.