6 Grad Celsius, zu Hause würden wir wahrscheinlich unsere Winterjacke aus dem Schrank holen. Hier in Carrión ziehen wir an was wir haben, stülpen uns Socken über die Hände und machen uns um 6:00 Uhr auf Richtung Terradillos de Templarios, unserem heutigen Etappenziel. Ehrlich – Handschuhe werden völlig überbewertet …. 😀
Unser Frühstück liegt 17 Kilometer entfernt im Irgendwo, denn in Carrión gibt es erst ab 8:00 Uhr Frühstück – viel zu spät für Pilger, denn nur der frühe Pilger bekommt am Ende noch ein Bett.
Landschaftlich gesehen ist es ebenfalls viel besser bereits im Dunkeln zu starten. So sieht man wenigstens in den ersten zwei Stunden nichts von der kargen, sich nie verändernden Landschaft.
Wir erinnern uns beim Laufen an die Worte unseres Herbergsvaters in Los Arcos, der meinte, dass man in der zweiten Woche anfängt, mit sich ins Reine zu kommen. Entweder wir haben nichts „aufzuräumen“ oder uns fehlt einfach die nötige spirituelle Grundeinstellung. Unsere Gedanken drehen sich nach wie vor um schmerzende Füße, Arzneimittel und aufkommendes Hungergefühl. Nun, vielleicht ändert sich das in Woche 3. und wir als „Camino-Anfänger“ brauchen einfach ein bisschen länger.
Wer übrigens eine Weltreise plant, dem können wir den Camino nur wärmstens ans Herz legen. Menschen aus der ganzen Welt sind auf dem Weg nach Santiago bzw. dem historischen Ende der Welt. Gestartet sind wir übrigens alle mit dem Vorhaben, von Santiago nach Finesterre zu gehen. Nach der ersten Wochen hofften wir alle, von Santiago nach Finesterre zu gehen und nunmehr am Ende der zweiten Wochen träumen wir alle davon, von Santiago nach Finisterre zu gehen und wünschen uns jeden Morgen aufs Neue, wenigstens Santiago zu erreichen. Der Camino lässt einen realistischer werden, zudem mussten ja bereits einige unserer Pilgerfreunde aufgeben.
Morgen gönnen wir uns eine längere Ruhepause. Es liegen lediglich 14 Kilometer Wegstrecke vor uns, die wir bis zum späten Vormittag gut bewältigt bekommen. Dann chillen wir den Rest des Tages in Sahagūn und wenn wir Lust haben, machen wir einen kleinen Stadtbummel 😉.
(Hier senden wir gemeinsam mit Walter aus Belgien, der diesen Weg für seinen verstorbenen Vater läuft, der wiederum diesen Weg gern gegangen wäre, Genesungswünsche ins Krankenhaus nach München zu unserem Pilgerfreund Wolfgang, der leider aufgeben musste)
Fazit des Tages: Großen Respekt an alle, die sich aufmachen „ihren Camino“ zu laufen – egal wie weit sie kommen.