7. Tag – 6. Etappe (Estella – Los Acros)

Heute beginnen wir bereits um 6:15 Uhr unseren Weg. Für unser Etappenziel Los Arcos sind 31 Grad vorausgesagt und jeden Kilometer ohne Hitze wollen wir natürlich nutzen. Da es noch sehr früh ist, machen wir am kostenlosen Weinbrunnen der Bodegas Irache kurz hinter Estella nur einen kurzen Fotostop. Für eine Weinprobe ist es bei Weitem zu früh.

Da wir die Pyrenäen nunmehr fast gänzlich hinter uns gelassen haben, können wir auf dieser Etappe erstmals auch die Landschaft ein wenig genießen – die Tage vorher mussten wir ja höllisch auf den Weg achten um nicht zu stürzen. Die letzten 6 Kilometer vor Los Arcos sind dann wieder unfassbar schwer. Die Sonne brennt unerbittlich vom Himmel, der Weg schlängelt sich schattenlos bis zum Horizont und von Los Arcos keine Spur. Jedesmal wird die Hoffnung, Los Arcos hinter der nächsten Kurve, dem nächsten Hügel zu entdecken, durch noch mehr Weg und Landschaft zerstört.

Bei Ankunft an der Herberge gilt unser erster Gedanke der Hausbesetzerszene in Hamburg – aber nun gut, wir haben keine andere Wahl. Die Herzlichkeit der Herbergseltern macht dann das Meiste wieder wett. Außerdem treffen wir viele unserer Pilgerfreunde wieder.

Los Arcos selbst ist ein herrlicher kleiner Ort mit einer wunderschönen Kathedrale, dessen prunkvolle Ausstattung selbst die Kathedrale in Pamplona weit übertrifft. Beim Abendessen mit unseren Pilgerfreunden erfahren wir viel über deren Motivation, diese Reise anzutreten. Schön ist auch, dass wir am Ende alle das gleiche Ziel haben – Santiago de Compostela zu erreichen – egal, wer oder was wir in unserem wahren Leben sind.

Fazit des Tages: Wir haben viel zu hohe Erwartungen.

6. Tag – 5. Etappe (Punta la Reina – Estella)

Da heute ein heißer Tag werden soll, sind wir pünktlich um 7:00 Uhr wieder auf dem Camino. Heute soll uns unser Weg nach Estella führen. Landschaftlich verspricht der Reiseführer einige Besonderheiten, von denen wir allerdings noch immer nichts aufnehmen können – viel zu sehr sind wir mit unseren körperlichen Schmerzen beschäftigt. Daher heute nur ein paar Impressionen und weniger Worte …

5. Tag – 4. Etappe (Pamplona – Punta la Reine)

Mit einer wortreichen und herzlichen Umarmung werden wir Pilger um 7:00 Uhr nach einem mit viel Liebe zubereiteten Frühstück von Rita und Wolfgang verabschiedet. Wir verlassen also frisch gestärkt „Paderborn“ um zu unserer 4. Etappe Richtung Punta la Reina aufzubrechen. Unser großes Zwischenziel heute ist das Monomento al Peregrino in einer Höhe von 770 Metern. Für uns bedeutet es, 290 Höhenmeter auf einem Steckenabschnitt von 2 Kilometen zu überwinden. Unerreichbar quasi, weil selbst ein niedriger Bordstein derzeit nur mit großer Willensstärke überwunden werden kann.

Im Laufe des Vormittags entwickelt sich diese Etappe allerdings zu einer der bisher schönsten Etappen. So haben wir uns den Jakobsweg eigentlich vorgestellt.

 

Fazit des Tages: Durchhalten lohnt sich.

4. Tag – 3. Etappe (Zubiri – Pamplona)

Frisch ausgeruht brechen wir auch heute um 7:00 Uhr zu unserem „Spaziergang“ nach Pamplona auf. Die Luft ist unglaublich klar und es verspricht ein wunderschöner Tag zu werden. Bereits nach der ersten Kurve steigt der Weg so extrem an, dass es einem allerdings den Tag vergruseln kann – aber, aufgeben gilt nicht, wir wollen es schließlich schaffen!

Um 8:00 Uhr war der Weg dann so ebenmäßig, dass wir uns bereits vornahmen, irgendwann den Küstenweg zu laufen. Wenn man die müden Knochen erstmal ein paar Kilometer eingelaufen hat, dann geht es.

10 km weiter hat sich ein Gefühl von Spaziergang allerdings noch immer nicht eingestellt. Gefühlte 80% Steigung gefolgt von 80% Gefälle durch meterhohes Gestrüpp – auch hier wieder der fehlende Hinweis im Reiseführer – Bitte auf dieser Etappe unbedingt eine Machete mitführen.

Um 13:30 Uhr erreichen wir dann aber unser heutiges Etappenziel – Pamplona. Wir folgen dem Hinweisschild zur Herberge „Paderborn“ und ergattern glücklicherweise noch zwei der heißbegehrten Betten, nachdem wir brav unsere Schuhe ausziehen und in ein mit Zeitungspapier ausgelegtes Regal stellen. Den Herbergseltern Rita und Wolfgang müssen wir an dieser Stelle ein großes Lob aussprechen. Mit deutscher Disziplin und einem riesengroßen Herzen, führen sie im Auftrag der Pilgerfreunde Paderborn diese Herberge und lassen niemanden der persönlich um ein Bett bittet vor der Tür stehen, auch wenn die Herberge bereits ausgebucht ist. Es passt schließlich immer noch irgendwo eine Matratze auf den Fußboden. Anders ergeht es allerdings den Pilgern, die nach 22:00 Uhr vom Feiern zurückkehren. Die bekommen eine ordentliche Ansage und müssen für jede verspätete Minute eine Flasche Wein spendieren. Uns ist es allerdings ohnedies ein Rätsel, wie man nach 25 km Fußmarsch noch feiern kann …

Pamplona selbst bietet, wenn man noch etwas „Auslaufen“ möchte, zahlreiche historische Gebäude, eine wunderschöne Kathedrale, viele Bars, Cafés und Restaurants. Selbstverständlich sollte man sich auch die Stierkampfarena und die Estafeta anschauen, die Straße, durch die alljährlich die Stiere in die Arena getrieben werden.

 

 

 

Pünktlich um 22:00 Uhr wurde dann tatsächlich abgeschlossen, das Licht gelöscht und geschlafen.

Fazit des Tages: Glaube nicht alles was man Dir erzählt – oder was im Reiseführer steht.

3. Tag – 2. Etappe (Roncesvalles – Zubiri)

Die Nacht im 40-Betten-Saal ist wider Erwarten sehr ruhig – das in den Reiseführern oft beschriebene Schnarchkonzert ist wirklich sehr erträglich.

Frisch ausgeruht brechen wir dann heute tatsächlich früh um 7:00 Uhr zur 2. Etappe auf. Der Reiseführer verspricht einen Abstieg von nur 200 Höhenmetern – quasi ein Kinderspiel. Leider wird nirgends erwähnt, das für den Abstieg eine Hochgebirgsausrüstung benötigt wird. Die kleinste Unachtsamkeit und der Hals ist hier gebrochen …

Der Weg führt uns durch viele wirklich verwunschene Wälder – landschaftlich unglaublich schön.

Bereits um 14:00 Uhr erreichen wir unser Etappenziel – Zubrini. Wir haben Glück, die von uns angelaufene Herberge ist bereits ausgebucht, die nette Dame am Empfang bietet uns aber ein Zimmer in ihrer privaten Wohnung an. Es stellt sich heraus, dass es sich tatsächlich um eine private Wohnung handelt, diese aber an Pilger vermietet wird und somit beziehen wir unser Zimmer in der Pilger-WG. Unsere Mitbewohner, wie könnte es anders sein, sind wieder unsere Freunde aus dem Pilgerflieger.

Die 3. Etappe verspricht morgen einen Spaziergang bis Pamplona … wir sind gespannt …

2. Tag – 1. Etappe (St. Jean Pied de Port – Roncesvalle)

Ganz entspannt brechen wir gegen 8:00 Uhr, nach einem wirklich guten Frühstück, viel zu spät zu unserer ersten Etappe auf. Gefühlt verlassen wir als letzte Pilger St. Jean Pied de Port, die Straßen sind menschenleer.

Bereits kurz hinter dem historischen Stadttor – also am Beginn des Camino – schlängelt sich unser Weg sehr steil Richtung Orrison. Fröhlich plappernd machen wir noch Witze über unsere Rucksäcke, halten das eine oder andere Mal am Wegesrand um deren Sitz zu optimieren oder die herrliche Aussicht zu fotografieren. Wir ziehen vorbei an Pilgern aus dem Pilgerflieger, immer mit dem freundlichen Pilgergruß „Buen Camino“ auf den Lippen. Selbst der einsetzende Regen kann unsere Euphorie nicht schmälern.

Je mehr wir jedoch Richtung Orrison pilgern, desto unglaublich steil wird der Weg. Das alle anderen, ohne Ausnahme, ebenfalls ganz schön am Pusten sind, tröstet zunächst noch über die Anstrengung hinweg. In Orrison angekommen, gönnen wir uns erst einmal einen heißen Kaffee. Dann geht es mit neuem Elan weiter Richtung Roncesvalle, unserem heutigen Etappenziel.

Der weitere Weg ist – heute Abend mit schmerzenden Gliedern betrachtet – die Hölle. Nach nur 13 Kilometern kommen bereits die Tränen, die Schmerzen und die große Frage nach dem Warum. Aufgeben gilt jedoch nicht – immerhin haben wir bereits mehr als die Hälfte es Weges zurückgelegt. Es sind bloß noch schlappe 12 Kilometer bis zum Etappenziel.

 

Um 17:00 Uhr ist es tatsächlich geschafft – wir haben die Pyrenäen überwunden.

Das Refugium ist sehr modern, wir schlafen mit nur 40 Pilgern in einem Saal. Es gibt sehr saubere sanitäre Einrichtungen, warmes Wasser, einen Waschservice, ein Pilgermenü. Das Frühstück am Morgen ist leider bereits ausverkauft und es gibt auch keine Möglichkeit im Ort etwas zu kaufen. Nun, wer eben erst um 8:00 Uhr startet …

Morgen machen wir uns auf den Weg nach Zubiri (vielleicht – wir müssen erst einmal darüber schlafen).

Fazit des Tages: Es ist definitiv leichter das Wort Pyrenäen zu schreiben, als diese zu überpilgern.

1. Tag – Unser Start ins Abenteuer

Bis Madrid ist es eine Urlaubsreise. Als dann die kleine mit 58 Personen besetzte Maschine nach Biaritz abhebt wird uns klar, unser Abenteuer hat begonnen – es ist quasi ein „Pilgerflieger“.

Vom Flughafen Biaritz geht es dann zunächst mit dem Bus zum Bahnhof nach Bayonne, von dort mit dem Zug nach St. Jean Pied de Port.

Hier angekommen gehen wir natürlich direkt ins Pilgerbüro um uns unseren ersten Stempel abzuholen.

Nachdem wir unsere Rucksäcke in der Herberge abgestellt haben, entzünden wir in der Kathedrale Notre Dame unsere Wunschkerze für den Pilgerweg in der Hoffnung, dass uns das Licht immer den richtigen Weg leuchtet.

Bereits nach einem kurzen Stadtrundgang endet unser erster Tag. Irgendwie ermüden die vielen Eindrücke uns sehr und wir wollen ja auch früh in die erste Etappe, von St. Jean Pied de Port nach Roncesvalles, starten.

Fazit des ersten Tages: Es ist nicht notwendig zu Hause 100 x zu überlegen ob auch wirklich alles im Rucksack ist. Hier gibt es alles zu kaufen. Auch die Vorreservierung eines Bettes ist hier zu dieser Jahreszeit nicht notwendig. Bereits die Vorbereitung kann ganz entspannt angegangen werden.

Noch 8 Tage – Unsere Packliste

Nun sind es tatsächlich nur noch 8 Tage bis unsere Reise „zum Ende der Welt“ beginnt.

Unsere Rucksäcke sind gepackt und wir finden, dass „fast gar nichts“ unfassbar schwer ist.

9 kg geschätzte 4 Meter über den Flur getragen, vermittelt doch gleich das Gefühl, dass die Idee von „keinem Training“ sicher nicht die beste Idee war und auch die geplante Streckendistanz von täglich 25 Kilometern erscheint plötzlich unüberwindbar.

Somit müssen wir uns jetzt mit der Frage beschäftigen …. was brauchen wir wirklich WIRKLICH?

Nachstehend unsere Packliste von der wir am Ende unserer Reise all die Dinge streichen werden, die wir wirklich NICHT benötigt haben:

Ausrüstung
Rucksack 35 l / 55 l
Schlafsack
Schlafsack-Inlet
Rucksackschutzhülle für Flug
Walkingstöcke 2
Bekleidung
Windjacke 1
Steppweste 1
Fleecejacke 1
Langarmshirt 1
T-Shirt 3
Outdoor-Zip-Hose 2
Unterwäsche 3
Socken 3
Schlafshirt/-hose 1
Halstuch 1
Schaltuch 1
Bikini 1
Garmaschen 1
Regenponcho 1
Pilgerhut 1
Handschuhe 1
Flip-Flops 1
Luxusartikel
Alles für ein Tages-Make-Up 1
Reiseapotheke
Schmerztabletten IBU/Paracetamol
Hirschtalgcreme
Fuß- und Schuhdeo
Tigerbalsam
Sprühpflaster
Tape (Rolle)
Blasenpflaster (Packung)
Rettungsdecke
Zeckenzange
Magnesiumtabletten
Sonstiges
Reiseführer
Sprachführer
Rucksackschloss
Wäscheleine
Karabinerhaken 2
S-Haken 2
Ohropax
Nähzeug
Haarbürste
Handtücher (Microfaser) 2
Stirnlampe
Ersatzschnürsenkel
Pilgermuschel
Stein für das Cruz de Ferro
Faltbare Flaschen 3
Brotbox/Göffel
Technik
iPad-Mini
Handy
Zusatzakku 2
Vlog-Cam
Ladekabel
Speicherkarte
Toilettenartikel
Duschgel (Reisegröße) 1
Schampoo (Reisegröße) 1
Tagescreme (Reisegröße) 1
Zahncreme (Reisegröße) 1
Zahnseide (Reisegröße) 1
Sonnencreme (Reisegröße) 1
Haargel 1
Tampons/Slipeinlagen
Toilettenpapier (Rolle) 1
Feuchttücher (Reisegröße) 1
Taschentücher (Päckchen) 2

Der Countdown läuft – noch fünf Wochen bis zum Absprung

In fünf Wochen haben wir voraussichtlich bereits die ersten Kilometer unserer Pilgerreise zurückgelegt.

Bis wir starten gibt es allerdings noch eine Vielzahl von Alltagsthemen zu bewältigen, welche, mit dem Bewusstsein von heute, auf keinen Fall bis nach unserer Rückkehr warten können, andererseits aber gefühlt bis zur Abreise überhaupt nicht mehr zu bewältigen sind.

Ein Gedanke der sich immer mal wieder einschleicht: Vielleicht sagen wir besser alles ab …

Eine liebe Bekannte hat gestern gesagt: „Irgendwann kommt der Zeitpunkt, da müsst ihr einfach springen“ Danke Heike für diesen Hinweis, den Du uns aus eigener Erfahrung heraus gegeben hast.

Genau hier liegt unsere Hoffnung, dass wir viele Dinge nach unserer Reise ein wenig gelassener sehen. Denn eigentlich beginnen doch an jedem Morgen 100 neue Jahre …

Und ich? – Leo

Seit April haben wir ein neues Familienmitglied – Leo. Natürlich stellte sich für uns sofort die Frage, wer kümmert sich um Leo während unserer Pilgerreise?

Die Frage aber war sehr schnell beantwortet, denn was liegt näher, als dass Lea sich um Leo kümmert!

Wir freuen uns sehr über diese Lösung, denn so kann Leo in seinem gewohnten Umfeld bleiben.

Unterstützt wird Lea freundlicherweise von Sabine, Charlotte, Uwe und natürlich ihrem Eduard, bei denen wir uns an dieser Stelle bereits heute ganz herzlich bedanken.